Erfahrungsbericht ´Mein biodiverser Balkon`: vom kahlen Nordbalkon zur kleinen grünen Oase für Insekten

Ein Bericht von Katrin aus der Workshopgruppe 2024 „Mein biodiverser Balkon: ein Jahr auf dem Balkon“

Als mich eine liebe Kollegin im Januar 2024 auf die Balkon-Biodiversitätsgruppe vom NIRGENDWO aufmerksam gemacht hat, wusste ich sofort: Da muss ich dabei sein! Seit mehreren Jahren versuchte ich bereits, meinen nach Norden ausgerichteten Balkon in eine blühende Oase umzuwandeln, leider mit wenig Erfolg. Bis auf zwei Hortensien waren fast alle meine gekauften Pflanzen nach einer Saison wieder eingegangen. Sämtliche Versuche, Gemüse anzubauen, waren gescheitert. Von meinen Misserfolgen war ich ziemlich gefrustet. Viele Bücher zum Thema Balkongärtnern waren zusätzlich entmutigend, da Nordbalkone darin keine Rollen spielten.

Beim Start im Januar 2024 startete ich mit fast leeren Balkonkästen:

Sieben Monate später, im Juli 2024, schreibe ich diesen Blogbeitrag und ernte Erdbeeren, Gemüse und Kräuter von meinem Balkon. Täglich tummeln sich hier Hummeln, Schwebfliegen und Bienen, die zurzeit vor allem meinen Lavendel, den Asiasalat und den Heilziest ansteuern. Insgesamt habe ich ca. 40 verschiedene Pflanzen auf dem Balkon.

Den Wandel meines Nordbalkons verdanke ich der großen Unterstützung durch die engagierten Gruppenleiter:innen vom NIRGENDWO Berlin sowie den Teilnehmer:innen, mit denen ich fast täglich in unserer Signalgruppe in Kontakt stehe. Gemeinsam mit der Balkongruppe plane ich mein Balkonjahr und bekomme Antworten auf wirklich alle meine Fragen!

Gemeinsame Planung

Unser Jahres-Workshop startete im Februar 2024 mit einer Einführung in das Thema Biodiversität auf dem Balkon. Die Gruppenleiter:innen erklärten uns, wie wir mit unseren Balkonen die Biodiversität und den Artenschutz in der Stadt unterstützen und zur Klimaresistenz beitragen können. Hierbei kommt es unter anderem auf die richtige Kombination von heimischen, insektenfreundlichen Pflanzen, Totholzelemente, Wasserstellen und pestizidfreies Gärtnern an. 

In den Monaten Februar bis März ging es dann weiter mit einer intensiven Planungsphase für unsere individuellen Balkone. Ausgestattet mit einer Checkliste für einen biodiversen Balkon und vielen guten Recherchetipps plante jede:r Teilnehmer:in die Bepflanzung des eigenen Balkons. Unsere Pläne konnten wir in mehreren Online-Meetings intensiv mit den Gruppenleiter:innen und der gesamten Gruppe besprechen. Dabei profitierte ich sehr vom großen Wissen unserer Kursleiter:innen und einigen erfahrenen Teilnehmerinnen. Sie erklärten mir, welche Pflanzen auf einem Nordbalkon gut funktionieren und wie ich ganzjährig für ein Angebot an blühenden Pflanzen sorge. Parallel nahmen wir gemeinsam am jährlichen Bio-Balkon-Kongress von Birgit Schattling* teil. Aus den interessanten Webinaren zum Thema schattige Standorte zog ich weitere Tipps, vor allem zum Gemüseanbau auf Nordbalkonen. Besonders hilfreich finde ich auch die Datenbank von  NaturaDB, mit der man schnell die passenden Pflanzen für Garten, Terrasse oder Balkon findet.

Während wir unsere Pläne entwickelten, kauften wir als Gruppe samenfestes Saatgut und starteten mit der Aussaat von Chili und Tomaten.

Für alle, die sich fragen, was ich auf meinem Nordbalkon angebaut habe, ist hier ein Skizze meiner aktuellen Pflanzung (Stand Juli 2024):

Pflanzkästen richtig füllen

Ein absolutes Highlight war für mich der Vor-Ort-Workshop, bei dem wir lernten, wie man Pflanzkästen richtig füllt und das Substrat optimal mischt. Das NIRGENDWO stellte uns hierfür Humus, Gartenerde und Sand zur Verfügung. Jahrelang dachte ich, dass auf meinem Nordbalkon nichts gedeiht, weil es zu wenig Sonne gibt. Doch nach diesem Workshop erkannte ich, dass meine Pflanzen in den Kübeln eingegangen sind, da ich keine Drainage angelegt und die falsche Erde verwendet hatte.

Anfang des Jahres, noch im Wintermantel, machte ich mich daran, in meinen Pflanzkübeln eine Drainage aus Blähton und Gehölz anzulegen und je nach geplanter Bepflanzung das passende Substrat zu mischen. Wildblumen und -stauden benötigen beispielsweise magere Erde, während für den Gemüseanbau eine nährstoffreiche Erde wichtig ist.

Ein paar Monate später legte ich mir zusätzlich eine Wurmbox zu, um meinen eigenen Wurmhumus und Wurmtee zum Düngen zu erzeugen. Meine „Wurmis“ fressen die Rohkostabfälle, die täglich in der Küche anfallen. Vor ein paar Tagen konnte ich bereits die erste Schippe Wurmhumus ernten. Ich hoffe, dass ich, sobald meine Würmer ihre volle Fressleistung erreicht haben, keinen zusätzlichen Dünger mehr kaufen oder herstellen muss.

Wer in der Nähe vom NIRGENDWO wohnt, genießt einen besonderen Vorteil der Balkon-Biodiversitätsgruppe! Im NIRGENDWO kann man fast täglich vorbeikommen und sich unter anderem gute Erde, Sand, Totholz, Sägespäne zum Mulchen oder heimische Pflanzen in Bio-Qualität aus dem Pflanzenshop abholen.

Heimische Stauden anstatt Exoten

Besonders toll an unserem Workshop finde ich, dass wir viel über heimische Wildblumen und -stauden lernen. Viele vom Aussterben bedrohte Wildbienen und Schmetterlingsarten sind auf heimische Pflanzen, wie die Wilde Möhre, Schafgarbe oder Wiesensalbei, spezialisiert. Exoten oder gezüchteten Blumen aus Bau- oder Supermärkten bieten ihnen keine Nahrungsquelle. Wenn wir sie schützen möchten, müssen wir “wilde Wiesen” mit vielen heimischen Blüten auf unseren Balkonen schaffen. Auch für Nordbalkone lassen sich passende heimische Pflanzen finden. Bei mir gedeihen beispielsweise Storchenschnabel, Waldmeister und Kornblumen sehr gut. Immer wieder streue ich Wildsamenmischungen wahllos in die Kästen und freue mich, wenn hier und da schöne heimische Blüten auftauchen.

Nisthilfe-Workshop und Bewässerungs-Workshop

Um Wildbienen zusätzlich zu unterstützen, haben wir unsere Balkone mit Nisthilfen ausgestattet. Im Nisthilfen-Bau-Workshop im NIRGENDWO stellten wir aus Holzstämmen attraktive Nisthilfen für Wildbienen her. Die Holzstämme wurden vom NIRGENWO gesponsert, und unter Anleitung bohrten wir Löcher in verschiedenen Größen in das Holz, um einfache Brutkammern zu schaffen. Da Nisthilfen idealerweise sonnig und regengeschützt stehen, habe ich meine erste Nisthilfe nicht auf dem Nordbalkon, sondern auf der Südseite vor dem Haus platziert. Und kaum zu glauben: Bereits nach wenigen Tagen waren fast alle Löcher besetzt. Inzwischen habe ich eine zweite Nisthilfe für den Nordbalkon gebaut und bin gespannt, ob auch hier bald Bewohner einziehen.

Karin, unser Balkonprofi in der Gruppe, bei der neulich sogar das Fernsehen zu Besuch war, um ihre Balkonoase mitten in Berlin zu filmen, bot uns einen weiteren Workshop an. Diesmal basteln wir Ollas aus Tontöpfen. Ollas werden in Pflanzgefäße eingegraben und dienen als Wasserspeicher. So muss man auch bei sehr sonnigen Standorten nicht täglich gießen – ein Thema, das insbesondere die Teilnehmer:innen mit Südbalkon sehr beschäftigt.

Gemüse anbauen auf dem Nordbalkon – und es geht doch!

Besonders stolz bin ich darauf, dass ich, seit meiner Teilnahme an der Balkongruppe, kleine Mengen Gemüse von meinem Balkon ernten kann. Zwar funktioniert nicht jedes Gemüse in schattigen Lagen, aber ich finde fast täglich etwas Leckeres auf meinem Balkon. Regelmäßig ernte ich Schnittlauch, Basilikum, Petersilie, Minze und Zitronenmelisse. Bereits im April freute ich mich über Asiasalat und Kresse auf meiner Stulle. Radieschen wachsen wunderbar, und auch der Platterbse hat es auf meinem Balkon sehr gut gefallen. Die fünf Karotten schmeckten fantastisch und die Feuerbohnen ranken prächtig am Balkongeländer. Sogar Erdbeeren konnte ich ernten! Wer hätte das geglaubt?!

Größte Herausforderungen

Für mich sind die größten Hürden, die meinem “Balkon-Dschungel” entgegenstehen, die Besorgung geeigneter Pflanzgefäßen und Erde. Da ich budgetbewusst gärtnern möchte und ohne Auto unterwegs bin, dauert es immer eine Weile, bis ich passende Pflanzgefäße organisiert habe. Erstaunlich finde ich es immer wieder, wie viel Erde dann in einen neuen Pflanzkasten passt. Diese muss mühsam nach oben auf den Balkon geschleppt werden. In nächster Zeit werde ich mich intensiver mit der Aufbereitung von Erde beschäftigen, da ich auf keinen Fall jedes Jahr die Erde in meinen Kästen austauschen will. Wie gut, dass ich die Balkongruppe noch einige Monate an meiner Seite habe und mich beraten lassen kann!

Meine Balkonpläne für die Zukunft

Obwohl ich bereits sehr zufrieden bin mit der vielfältigen Bepflanzung auf meinem ehemals kahlen Balkon und den vielen Insekten, die dort unterwegs sind, habe ich noch viele Pläne. Spätestens im nächsten Jahr möchte ich noch mehr Rankpflanzen ansiedeln, um die Wände zu begrünen. Zudem möchte ich meinen Balkon so gestalten, dass Honig- und Wildbiene von Frühjahr bis Herbst stets ein Nahrungsangebot finden. Es gibt also noch viel zu tun, und das freut mich, denn Balkongärtnern ist ein wunderbares Hobby. 🙂

Katrin

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