Schwerpunkt hybride/digitale Lernmittel
1. Selbstverständnis des NIRGENDWO
Wir verstehen uns als hybride Plattform, Bühne, Infrastruktur und Netzwerk für unterschiedliche Akteur*innen aus Umwelt und Kultur. Wir begreifen uns als Gemeinschaft, die gemeinsam mit den verschiedensten Umweltbildner*innen und Experten*innen aus dem Nachhaltigkeitssektor Lernangebote sowie Erfahrungsmöglichkeiten entwickelt. In erster Linie sehen wir uns als Vermittler*innen zwischen Menschen, ihrer Um- & Mitwelt und positiven Emotionen. Als Lernort zeigen wir vielfältige analoge sowie digitale Erfahrungsmöglichkeiten auf, die die Beteiligten zu eigenständigen Naturerfahrungen anregen und positive Emotionen hervorrufen. Mit unserem Bildungsangebot helfen wir Kindern und Jugendlichen sich interaktiv und spielerisch mit ihrer natürlichen Umwelt auseinanderzusetzen. So kann die junge Zielgruppe an die Themen Umwelt, Naturschutz und Nachhaltigkeit herangeführt werden und praxisnah anhand von Beispielen diese Themen bearbeiten, erfahren sowie eigene Erkenntnisse gewinnen.
2. Positive Emotionen schaffen emotionale Bindung
Seit Beginn der 1990er Jahre verfolgen die meisten bekannten Naturschutzorganisationen die Strategie, die Öffentlichkeit mittels Fachwissens und eines schlechten Gewissens zu mehr Engagement für den Schutz der Natur zu animieren. Ohne Zweifel konnten eine Reihe von Organisationen und Vereinen mit ihrem Einsatz eine große Anzahl an Mitgliedern gewinnen und den Naturschutz in Deutschland mit ihrer Arbeit entscheidend voranbringen. Dennoch ist zugleich zu beobachten, dass sich ein Erfolg nur schleppend einstellt. Viele Mitglieder solcher Organisationen und Vereine bringen bereits eine gewisse Begeisterung für die Natur mit, wohingegen der Rest der Bevölkerung weiterhin außen vor bleibt. Wer tatsächlich einen Großteil der Bevölkerung erreichen und bewegen möchte, sollte anders kommunizieren. Wissen allein reicht nicht aus und kann gepaart mit negativen Emotionen, wie etwa einem schlechten Gewissen, sogar ins Gegenteil umschlagen – das Ergebnis ist dann eine Art Ohnmachtsgefühl und Resignation gegenüber dem Thema Natur- und Umweltschutz.
Was es hingegen braucht, sind positive Emotionen (Freude, Stolz, etc.), Werte, Wissen, Anreize und klare Handlungsangebote, um einen großen Teil der Bevölkerung zu erreichen. Durch das erfolgreiche Zusammenspiel dieser Parameter können Kinder und Jugendliche eine emotionale Bindung zu dem Thema entwickeln und ein nachhaltiges Engagement bei der Zielgruppe erzeugt sowie gefördert werden.
Natur- und Umweltschutz sollen positiv und motivierend sein. Aus diesem Grund möchten wir den Besucher*innen nicht einfach eine reine Wissensvermittlung bieten, sondern vielmehr Spaß und Freude beim Entdecken der Natur und am Thema Nachhaltigkeit, sowie damit zusammenhängende sinnhafte Erfahrungen ermöglichen. Wir wollen unter anderem spielerisch an die Themen Umwelt, Naturschutz und Nachhaltigkeit heranführen.
3. Digitalisierung und aktive Köpfe
In unaufhaltsamen Schritten schreitet die Digitalisierung in Deutschland voran. (Nicht nur) Kinder und Jugendliche nutzen bereits in vielen Lebenssituationen ihr Smartphone, Tablet oder Laptop als Wissensquelle, Kommunikationstool und Spielkonsole. Wir verstehen die virtuelle Welt und digitalen Möglichkeiten als Ergänzung zur analogen Natur- und Umwelt-Erfahrung und als Chance.
Wir möchten jungen Menschen auf diesen Endgeräten positive, alternative Nutzungsmöglichkeiten bieten. Das heißt, dass wir uns die hohe Nutzungsrate von Smartphones, Laptops, etc. zu eigen machen, um (junge) Zielgruppen genau dort abzuholen, wo sie am besten zu erreichen sind – auf ihrem Handy.
Die Probleme, die mit der Nutzung von YouTube als Lernplattform einhergehen, sind uns bekannt. Der Algorithmus, der weitere Videos vorschlägt, bietet zahlreiche Ablenkungen von den eigentlichen Lerninhalten. Dennoch nutzen rund 80 Prozent der Schüler*innen YouTube mehrmals wöchentlich zur Unterrichts- und Prüfungsvorbereitung (JIM Studie 2018). Wir sehen in YouTube daher keine Gefahr, sondern eine Chance, um auf dieser Plattform viele junge Menschen mit Bildungsinhalten zu erreichen. Anstatt YouTube zu verbannen, möchten wir auf kreative und interaktive Weise den User*innen auf dieser Plattform die Möglichkeit bieten, sich zum Thema Nachhaltigkeit fortzubilden und Natur digital von überall zu erfahren.
Über eine inhaltliche Ebene hinaus sehen wir unseren Auftrag ebenfalls darin, die sozialen Medien nicht einfach zu verbannen, sondern einen reflektierten Umgang mit diesen zu fördern. Während ältere Generationen von einer internetfixierten, abwesenden Jugend sprechen, erleben sich die Jugendlichen selbst als Teil einer starken Bewegung, an der sie aktiv partizipieren. Es gilt demnach, nicht die „schlaffen“ Körper, sondern “aktiven Köpfe” zu sehen, um die Motive, die mit einer vermehrten Nutzung digitaler Medien in Zusammenhang stehen, zu erfassen.
Neben den Sozialen Medien ist das Gaming auf Konsolen, dem Computer oder Smartphone ein weiterer Megatrend der Jugendkultur. Hinter dem Begriff Gamification oder Serious Games verbirgt sich der Ansatz, weiterhin gängige Spielerlebnisse zu ermöglichen, diese aber mit pädagogischen Inhalten zu verknüpfen. So haben die User*innen die Möglichkeit, sich mittels alternativer Games spielerisch neues Wissen anzueignen, ohne dabei das Gefühl zu haben, etwas lernen zu müssen oder unter Bildungsdruck zu stehen.
Mit unserer Bildungsarbeit möchten wir die oben genannten Ansätze unterstützen und durch unsere Projekte – wie etwa dem virtuellen Naturlehrpfad – die digitale Welt ein wenig nachhaltiger und grüner gestalten.
Der virtuelle Naturlehrpfad ist ein Praxisbeispiel des NIRGENDWO Umwelt- und Kulturort Berlin. Es handelt sich um ein digitales Lernformat zum Thema Natur. Wir möchten Kinder und Jugendliche dafür begeistern, ihre Aufmerksamkeit und Sinne für einen Moment auf den Lehrpfad zu lenken, um so positive Emotionen zu erzeugen. Diese können sich innerhalb von Sekunden oder nach geraumer Zeit einstellen. Legt ein Kind das Gerät und damit auch das Lernformat schon nach 3 Klicks beiseite, so ist dies nicht als ein Scheitern des Lernmittels oder als ein, der sprunghaften Aufmerksamkeit des Kindes geschuldeter, Misserfolg zu werten. Es geht bei der Nutzung des virtuellen Lehrpfades nicht darum, dass sich User*innen mit dem gesamten Pfad und all seinen Inhalten befassen. Ebenso wenig geht es um die Dauer, die der/die Nutzer*in mit dem Lernformat verbringt. Vielmehr ist es der eine, vielleicht auch kurze, Moment, der eine positive Emotion hervorruft und erlebbar macht und zu einer positiven Bindung mit Natur und Umwelt beiträgt.
4. Education for Sustainable Development 2030 (ESD 2030)
Bildung für nachhaltige Entwicklung ist eine Bildung, die Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigt. Sie ermöglicht jedem Einzelnen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen. Mit unserem Engagement verpflichten wir uns dazu, die Erreichung der Sustainable Developement Goals zu unterstützen und die Prinzipien der ESD 2030 in unsere Arbeit zu integrieren.
Aus diesem Grund haben wir unsere übergeordneten Lernziele wie folgt gesteckt:
- In unseren Angeboten können User*innen immer einen Bezug zu sich selbst herstellen, denn wir behandeln Themen, die in ihrem Alltag von Relevanz sind.
- Kinder sowie Jugendliche erfahren und behandeln Themen stets an einem konkreten Beispiel (analog und digital) und können an diesem die Kriterien und Bedingungen für ein nachhaltiges Handeln reflektieren.
- Die Handlungsmöglichkeiten für eine nachhaltige Entwicklung werden nicht nur theoretisch, sondern praktisch herausgearbeitet, um das eigene Wissen anwendungsbezogen zu erweitern.
- Die User*innen können ihre Bedürfnisse und Lebensstile durch das Erlernte reflektieren und so die Bedeutung des eigenen Handelns für eine nachhaltige Entwicklung erkennen.
Quellen: Prof. Dr. Jürgen Kriz (2012): Basiswissen Umweltpsychologie. Springer VS. Wiesbaden.Prof Dr. Norbert Jung, Prof. Dr. Heike Molitor, Astrid Schilling (2015): Natur, Emotion, Bildung vergessene Leidenschaft? Zum Spannungsfeld von Naturschutz und Umweltbildung. Eberswalder Beiträge zu Bildung und Nachhaltigkeit.