150 Meter ist das Ziel

Interview mit Katrin Wittig – Gründerin von Wassertanke.org

In unserem Artikel „Die Wassertanke: Nachhaltiges Bewässern für ein besseres Stadtklima“ haben wir bereits das innovative Konzept der Wassertanke vorgestellt – ein Projekt, das zeigt, wie Regenwasser effektiv genutzt werden kann, um Städte klimaresilienter zu gestalten. Die Installation einer Wassertanke im NIRGENDWO war dabei ein wichtiger Schritt, um das Potenzial dezentraler Wasserspeicher aufzuzeigen und nachhaltige Lösungen für urbane Grünflächen zu fördern.

Wir freuen uns nun, wie bereits versprochen, das vollständige Interview hier zu veröffentlichen.

In diesem Interview erklärt Katrin Wittig (K), Gründerin von wassertanke.org, unserem Kollegen Marek (M) wie die Idee entstand, welche Herausforderungen das Projekt mit sich bringt und wie es durch die enge Zusammenarbeit mit lokalen Initiativen, den Bezirksämtern sowie der Regenwasseragentur zu einer wichtigen Ressource für Städte wird.
Mit der Wassertanke im NIRGENDWO wollen wir nicht nur die Stadtnatur unterstützen, sondern auch andere ermutigen, Teil dieser Bewegung zu werden.

Gerne kannst du das Interview auch als PDF downloaden:
https://nirgendwo-berlin.de/wp-content/uploads/2024/12/Interview_Wassertanke_2024.pdf

Die Idee von Wasserkreisläufen

M: So Katrin, Teil zwei der Aufnahme.

K: Ja, sind nochmal umgezogen.

M: Umgezogen. Nach innen.

K: Aber vor dem schönen Regen.

M: Ja, der Regen ist total schön, aber leider ist diese dunkelgraue Wolke jetzt genau hier drüber. (Starker Donner ist zu hören)

K: Ja, so Thermodynamik, die geht auch wieder weg. (lacht)

M: Toll, aber weißt du, wofür das gut ist?

K: Ja? Sagst du mir das?

M: Für das Schild, das du mir mitgebracht hast.

K: Wegen?

M: Der Regen. Ist ja unser Thema heute: Regen und seine Speichermöglichkeiten.

K : Ach so ja – der Regen – ja natürlich.

M: Die Wassertanke haben wir ja von Euch bekommen und mit Hilfe eines Dachdeckers installiert. Kannst du uns mal erzählen, wie das bei euch gelaufen ist und was eure Arbeit konkret war. Von der Idee, Vision, zur ersten Tanke?

K: Hm, zum ersten Meilenstein. Wo fang ich denn da an? Tatsächlich haben wir uns in einem Think Tank der Stiftung der Deutschen Wirtschaft mit Alumni und Studierenden getroffen. Ich bin ja längst nicht mehr ein Alumni, aber ich habe 2019 ein Kulturprojekt zu Wasser in der Stadt gemacht. Ganz konkret am Beispiel des Ernst Thälmann-Parks: Der Park hatte keine sichtbare oder kontinuierliche Regenwasserbewirtschaftung. Hat er immer noch nicht ganz. Aber es entwickelt sich jetzt. Und da habe ich mich mit Wasserkreisläufen beschäftigt und ganz klar mit Regenwasser. Dann kam Corona und dann habe ich gedacht, jetzt vernetze ich mich mit so vielen Menschen wie möglich. Also es gibt ja auch bereits Menschen, die sich mit Wasser in der Stadt beschäftigen.
Hatte ich auch schon in dem Kulturprojekt gemacht mit der Wissenschaftsseite, Bürgern, Wasserbetrieben, Regenwasseragentur, Haus-projekten, die Grauwasseraufbereitung haben, durch Pilotprojekte mit der TU wiederum. So hatte ich mich schon ein bisschen vernetzt und wollte das noch verstärken und überlegen, was ich noch Schönes tun kann als nur vermitteln – als Kunstvermittlung sozusagen. Kunst als Vermittlung für Umweltbildung war ja ein bisschen mein Thema.

M: Kunst als Vermittlung zu Umweltbildung.

K: Ja.

M: Das ist ein tolles Stichwort! Da zeige ich dir später noch unseren Kunstcontainer, in dem sich eine kleine Ausstellung befindet von Rumpelstil. Sie ist eine Schwarzlichtkünstlerin und malt tolle Schwarzlichtbilder und hat auch Insektennisthilfen aus Recyclingmaterialien mit Kindern zusammengebaut. Fällt mir da gerade ein.

K: Genau! Das sind so Dinge – diese Kreisläufe von Materialien. Wiederverwendung, Wasser als Ressource, die blaue Tonne für Papier, Gelbe Tonne für Kunststoff, Bioabfall. Es ging um Kreisläufe allgemein. Am Ende ging es tatsächlich um Energiekreisläufe, weil das alles ja irgendwie auch Aufwände sind, die man vereinfachen kann und die direkt vor unserer Nase sind. Und die wir ja auch so aus Überfluss- und Konsumgesellschaftsgründen als nicht so wichtig erachtet haben. Und weil ich mich selbst bilden wollte. Als Künstlerin ist es das Beste einfach zu forschen (lacht). Künstlerische Forschung zu machen, mich zu vernetzen und zu gucken, was kann ich denn tun mit diesen Kunstmitteln, mit diesem recht umfangreichen Tool oder Werkzeug. Und dann wie gesagt, Stiftung der Deutschen Wirtschaft – Online Thinktank. Das Programm gibt‘s leider nicht mehr. Das hieß “Ideathon”. Die haben sich zu den SDGs getroffen. Da konnte man sich sammeln in Online-Plattformen und sich austauschen über die einzelnen Ziele, an denen man arbeitet, und was man tun könnte. Und da habe ich mich natürlich zu dem SDG 6 „Wasser“ zugeordnet und habe dort Studierende gefunden und ganz konkret einen Studierenden – Henning Kraken, mit dem ich zusammen das Projekt Wassertanke mache – der sich damit schon in einer Bachelorarbeit beschäftigt hatte.
D.h. er hat das auch schon – die wissenschaftliche Sinnhaftigkeit von vielen kleinen dezentralen Regenspeichern in Städten – in kleinen Evaluationen in einem Projekt mit Daten unterfüttert. Denn das war natürlich am Anfang die größte Frage:

Regentonnen? Ist das nicht ein bisschen wenig?

K: Also normalerweise auf dem Land hat man da so 300 höchstens 500 Liter. Die Tonne ist offen. Man hat einen großen Deckel und ist nicht ans Abwasser angeschlossen. Da gibt’s ganz andere Fragen, was die Regenwasserableitung angeht. Aber in der Stadt war das ungewöhnlich und viele sind auch der Meinung, dass die offen sind und das da eben Mückenpopulationen entstehen, Kinder reinfallen, Überspülung stattfindet. Eben alles mögliche passieren kann. All das hatte Henning aber schon längst bedacht und natürlich in ein geschlossenes System gebracht. Als Best Practice Beispiel in seiner Bachelorarbeit hat er dann einen Regenspeicher vor einem lederverarbeitenden Designergeschäft – so ein kleines in Münster – aufgeführt. Die hatten tatsächlich nur ein 300er stehen, aber das war so ein schöner. Das sah aus wie eine Amphore – das sieht man auch bei uns auf der Internetseite. Das war so der Erste, den er innerhalb dieser Bachelorarbeit aufgestellt hatte und nun ging‘s darum, das flächendeckend zu prüfen. Auf dem Oberstreifen, zwischen Hausfassadenende und Bürgersteig, das nennt sich Oberstreifen. Der stand dann da im Oberstreifen und das war dann gar keine Frage für das Straßen- und Grünflächenamt. Als wir dann aber begonnen haben, die etwas Größeren aufzustellen, die 1000 Liter, die eine andere Bodenfläche haben (60 x 80 cm Grundfläche) und auch Hauseigentümer anders eingebunden werden mussten, Gießgemeinschaften einge-bunden werden sollten – weil die sollen das ja nutzen – haben wir gesagt, wir suchen jetzt erst mal Gießgemeinschaften und fangen bei denen an. Die, die es wirklich auch brauchen. Die eben sonst Wasser schleppen. Nicht diejenigen aus dem 6. Stock, die ihre Balkonpflanzen damit bewässern können. Sondern diejenigen, die viele Meter mit 10 Liter Gießkannen machen um zu den Straßenbäumen zu gelangen.
Denn es geht ja ums Stadtgrün: ums Stadtgrün-Gießen, aktiv mithelfen, den Bäumen zu helfen – vor allem Jungbäumen – die Klimaveränderung zu bestehen, damit sie anwachsen können in dem bisschen Erde, was sie haben in der Stadt und um eine Chance zu haben, damit wir in der Stadt die Hitzeinseln, die immer stärker werden, zu verkleinern und uns die Lebensqualität in der Stadt erhalten, die wir alle mal wollten. Auch wenn man dachte, es gibt so viele Bäume – Berlin hat tatsächlich unglaublich viele Bäume – und es ist unglaublich grün. Aber Berlin hat natürlich im Sommer mit den Trockenzeiten zu kämpfen wie viele Städte. Mittlerweile immer mehr und da müssen alle helfen. Das ist auch nichts, wo man sagen kann oder sagen muss, das muss die Stadt machen. Die Stadt sind wir!

Die Stadt sind wir

M: Mmh okay, die Stadt sind wir, das ist ein schönes Stichwort. Die Stadt sind wir, gemeint sind wir alle. Also ich verstehe es so: es ging darum zu sagen, wie können wir Zugang zu Wasser generieren, welches schon da ist. Ja, ich kenn ja auch die Probleme, überhaupt wenn es Starkregenereignisse gibt, ist die Kanalisation ja oft nicht dazu in der Lage das Wasser aufzunehmen. Dann kommt‘s zu Überschwemmungen, in der Spree landen dann die Fäkalien und werden mit reingespült. Dann geht‘s jetzt darum mit der Wassertanke zu sagen, okay die wird an eine Regenrinne angeklemmt und sammelt das Wasser?

K: Fallrohr.

M: Fallrohr okay. Probierst du ganz kurz nochmal technisch zu erklären, was die Wassertanke eigentlich ist?

Die Funktionsweise des Regensammlers

K: Ja, also tatsächlich nutzen wir Dinge, die es schon sehr lange gibt – im einfachen Einzelhandel oder Großhandel. Am Fallrohr der Häuser, an jedem Fallrohr, was ins Trottoir – also auf den Bürgersteig Richtung Abwasserkanalisation geht – wird ein Teil beim Fallrohr, das ist ein ganz dünnes Blech, ca. 30 cm aufgesägt. In diese 30 cm Lücke kommt ein Regensammler.
Dieser Regensammler sammelt Wasser und führt es über ein Kunststoffrohr in die Regentonne mit der er verbunden ist. Das Regenwasser in Rohren läuft meistens kreisförmig am Rohrrand runter – das kann man sich immer nicht so vorstellen, aber so ist es. Es fällt nicht.

M: So ein Strudel, ja.

K: Sondern es strudelt so runter. Genau! Und genau an dieser Kante ist so eine Art Wanne, die Teile von diesen am Rand runterfallenden Wasser auffängt und abführt in die Regentonne, so lange bis die voll ist. Dieses Rohr ist natürlich ganz oben angebracht an der Regentonne. Sobald die bei knapp 1000 Liter ist, läuft das Wasser logischerweise – Schwerkraft also Physik – nicht mehr weiter rein, sondern läuft weiter wie gehabt in das Abwasser. Das ist jetzt erstmal die technische Funktionsweise von dem Regensammler. Und dann ist eben ganz unten, so ungefähr 30 – 50 cm über dem Trottoir über Null am Ende der Regentonne, ein Wasserhahn über den man das Wasser entnehmen kann. Da kann man sehr gut eine Gießkanne drunter halten und wieder ganz unten – das sind so 5 cm über Null – ist ein Auslass, um die Regentonne durchzuspülen. Im Herbst oder kurz vor dem Winter macht man das meistens, einmal im Jahr. Einfach nur um sie einmal durchzuspülen sozusagen. So eine Gießkanne würde man auch durchspülen, wenn die lange steht. Das sind dann nicht schädliche, aber einfach kleine Schwebeteilchen, die sich absetzen wie in einem Fließgewässer, wo eben nicht so viel Strudel herrscht. Da setzen sich Sachen ab und dann spült man das aus. Bei Frost schließt man sie natürlich nicht an und sobald der Frost durch ist, anschließen, Regenwasser nutzen, auch im Winter!

Schwachstellen?

M: Wunderbar. Für mich haben sich da drei technische Fragen gerade sehr gut erklärt. Ich konnte es mir immer nicht vorstellen, aber das können wir ja mit Bildern noch untermalen.
Ich würde an der Stelle jetzt noch kurz eine technische Frage stellen: Wo ist die Schwachstelle? Was ist schon mal schiefgegangen und war das ein Drama?

K: Schwachstelle, jetzt technisch an der Tonne?

M: An der Tonne, am Regensammler, Menschen haben was falsch gemacht, was kann passieren?

K: Ah, also an der Tonne und an dem Regensammler selbst kann nichts passieren. Was wichtig ist – das muss aber jedes Haus für das widerstandslose Runterfallen des Wassers haben – sind Kunststoffgitter in den Regenrinnen. Das ist Pflicht seit Jahren, damit Laub, größere Dinge, die dort reinfallen könnten in diesem 100 – 120 mm Durchmesserrohr, nicht in die Kanalisation kommen, weil das ja auch wieder zusätzlicher Reinigungsaufwand wäre. Diese Gitter liegen da einfach drin, die sind auch angeschraubt oder eingeklemmt. Das weiß jeder Dachdecker. Das sieht man natürlich als Mieter nicht, auch als Hausbesitzer weiß man das nur, wenn man das mal gesagt bekommen hat. Und die müssen intakt sein. Das ist schon die eine Sache, die aber nicht in unserem Ermessen liegt. Das heißt wir können immer nur sagen: Die liebe Hausverwaltung, einfach mal fragen und meistens sind die in Ordnung. Oder bei der Dachwartung nachfragen. So oft geht da keiner rauf. Manchmal gibt‘s dann große Augen – oh Gott, wissen wir gar nicht. Da einfach mal fragen. Das ist ein Anruf. Das gehört auch zur Gewährleistung für Hauseigentümer egal ob jetzt Land oder privat, die müssen drin sein.

M: Okay, super.

K: Was neulich sehr interessant war, die haben‘s selber behoben. Da habe ich Rückmeldung bekommen. Da ist der Wasserhahn am Ernst-Thälmann-Park in der ersten Regentonne, die da steht, irgendwie weg gekommen. Da hat dann einfach der Hausmeister oder die Initiative für 7 € einen neuen Messinghahn gekauft. Hat ihn wieder eingeschraubt und ihn mit einer Abdichtung nochmal versiegelt. Ja, das ist das Schlimmste, was passieren kann.

150 Meter ist das Ziel – Kooperation mit der Regenwasseragentur

M: Okay super, danke. Dann zwei spannende Fragen.

Es geht ja darum, dass – also zweistufig betrachtet, korrigier mich ruhig – erst einmal Häuser, die einen Innenhof haben, wo gegärtnert wird, einen Zugang zu Wasser haben und sich eine Wassertanke dort hinstellen. Im großen Wurf wäre es dann so, dass ganze Straßenzüge damit gepflastert sind und sehr viele dieser…

K: Alle 150 Meter ist das Ziel. Wir haben ja schönerweise die Regenwasseragentur, die ich ja schon 2019 kennengelernt hatte. Damals waren die noch zu dritt.

M: Was hältst du von der Regenwasseragentur?

K: Alles wunderbar. Die kümmern sich um die großen Literbehälter, die kümmern sich um Neubauten, die kümmern sich um dieses Umsetzen der Richtlinie für Neubauten, dass kein Regenwasser mehr in die Kanalisation abgeführt werden darf. Jeder Tropfen muss eigentlich auf dem Gelände ausgebracht werden und sie versuchen zu helfen – weil nicht jedes Planungsbüro da auch die Weitsicht hat oder auch die Routine/die Gewohnheit – sich da auch drum zu kümmern. Und weil es natürlich auch einen Mehraufwand bedeutet. Das musste man früher nicht. Das heißt, die haben richtig viel zu tun mit der Neubaugestaltung mit ganzen Quartieren, wo sie die Regenwassernutzug mitgestalten. Jetzt sind sie zu neunt und haben uns aber immer wieder unterstützt, weil ich auch immer nachgefragt habe, wie wir zusammenarbeiten können und dann meinte die Leitung, Dalai Nickel, irgendwann: ja, jetzt machen wir es einfach so, wir helfen euch, wenn uns Initiativen anfragen für kleinere Mengen bis 2000 Liter oder gestapelte IBC-Container – kann man ja bis 4000 Liter machen – dann leiten wir diese Anfragen an euch weiter und andersrum. Das ist ja auch schon vorgekommen, dass eine Initiative sagt (z.B. Brunnenkiez), wir würden eigentlich lieber eine Zisterne haben, wie kriegen wir denn eine Zisterne in den Hof? Dann braucht ihr ein bisschen mehr Geduld.
Das wird dann ein längerer Prozess, aber lohnt sich bestimmt auch, sich mit der Regenwasseragentur und in dem Fall glaube ich der GEWOBAU, sich dieses Areal anzuschauen. Diese Zusammenarbeit führte dann so weit, das war ganz schön, dass es 2023 eine Initiative gab, von der Regenwasseragentur „Zehn Ideen für die Schwammstadt“. Da geht es um Bürger-bewegung und um Dinge, die eben klein sind, dezentral, wenig Aufwand. Da hat ein Kollege aus dem Allmende Kontor e.V. aus Tempelhof (Tempelhofer Feld) sein Wissen eingebracht und hat eine Ausstellung gemacht und das mal ein bisschen globaler angeschaut. Dabei ist er darauf gekommen, dass alle 150 Meter eine Regentonne sehr sinnvoll wäre.

Open Source und erste Erfolge – die Genehmigungsfrage

K: Das ist auch Open Source. Das heißt, wir streuen diese Informationen in alle Richtungen, um vielen Menschen zu ermöglichen, es zu versuchen. Das hat ja am Ende dazu geführt, dass schönerweise in Charlottenburg-Wilmersdorf die ersten Regentonnen auf dem Bürgersteig aufgestellt werden konnten, weil diese Freibestellung und die Einfachheit so einleuchtend war für den Bezirksstadtrat dort, dass er gesagt hat: ich warte jetzt nicht die Sondernutzungsgenehmigungsfrage intern vom Senat ab, sondern beziehe mich auf das Baurecht und die Wassertanken dürfen hingestellt werden. Und dann standen plötzlich zwei da. (lacht)

Daraus ist aber ein Jahr später, Ende März diesen Jahres, ein Hinweisblatt für alle Bezirksämter und Straßen- und Grünflächen-ämter geworden, dass Regentonnen von Bürgern gewünscht sind, dass die Genehmigung erteilt werden darf, eine einmalige Bearbeitungsgebühr von 60 € dabei ist und sonst keine Tagesgebühren anfallen, weil es ein klima-anpassendes, umwelt- und nachhaltigkeits-förderndes Projekt ist.

Wie selber machen?

M: Großartig. Okay, jetzt lesen Menschen dieses Interview, denken sich: das will ich auch an meinem Haus.
Ich habe einen guten Draht zu ein paar Nachbarn und zu Verwalter*in/Hausbesitzer*in. Was machen die?

K: Die machen erstmal genau das. Sie stellen genau das Projekt, was sie machen wollen dem Eigentümer vor und beziehen ihn ein, in alle Planungsphasen, die es da gibt.

M: Ansprechen, Einbeziehen, Planungsphasen.

K: Wo steht die Tonne? Wieviel Liter? Wie soll die aussehen? Soll die sich vielleicht optisch in ein Straßenbild einfügen? Soll die einfach viel Wasser speichern können und dann mit Holz verkleidet werden, damit man die großen IBC-Container, die nicht so schön sind, vielleicht einfach als schöneres größeres Objekt verkleidet hat. Mit dieser Planung bezieht man ihn ein. Denn es geht ja um die Fläche. Wie sieht‘s aus? Welches Fallrohr ist geeignet? Steht die Tonne auf irgendeiner Anlage? Da darf sie natürlich nicht draufstehen. Man guckt sich verschiedene Dinge an von den Wasserbetrieben, wie Schachtdeckel, oder von den Gaswerken oder von wo auch immer. Darauf darf sie nicht stehen. Das heißt, ich muss auch gucken wo sie stehen darf. Das macht man am besten in einer Vorort-Begehung zusammen. So dann hat man das und macht Fotos.

Die Kosten

M: Jetzt frag ich mich also: Zusammenschließen, Vermieter*innen einbeziehen, ein geeignetes Fallrohr suchen – was für ein Kostenaufwand wäre bei einer Hausgemeinschaft zu erwarten?

K: Das kommt auf den Regentonnentyp an und wieviel Liter ich da speichern möchte. Wir finden es natürlich großartig, wenn so viel wie möglich gespeichert wird. Wenn da nicht schon alle 150 m eine Tonne steht, freut man sich über jeden Tropfen, der darin gespeichert ist. Nehmen wir mal an, man nimmt eine 1000-Liter-Tonne, einen IBC-Container, den man manchmal selber abholen muss oder den man dann liefern lassen muss. Das fängt dann so pro Tonne oder pro Container wahrscheinlich bei 250 € an mit Anlieferung, wenn man das braucht. Sonst holt man sich das selbst ab und hat dann günstigere Kosten, je nachdem, wie weit man fahren muss. Das wäre jetzt der IBC-Container.
Bei den großen Regensäulen, mit denen wir bisher arbeiten konnten, ist es so, dass diese 1000-Liter-Regensäulen von Speidel – das ist ein Hersteller aus Bayern – normalerweise 375 € kosten. Da haben wir aber einen Rabatt, den wir auch weiter geben. Wenn also jemand diese Regensäulen aufstellen will, dann gibt‘s ein Stichwort und dann kann man das tun.

M: Wieviel passt da rein?

K: 1000 Liter. Da gibt‘s eine 500er und eine 1000-Liter-Tonne. Eine 1000-Liter-Tonne steht schon da, ist aber noch nicht angeschlossen am Boxi beim KARUNA e.V. Das ist eine recht große und auch so Gründerzeit designangepasste Form – für Berlin wunderbar. Für diese ganzen engen Quartiere passt das wunderbar ästhetisch. Angefangen haben wir mit Wandtanks, die eine bisschen dickere Wandung haben, glaube ich, aber eigentlich auch nichts Besonderes sind. Die hatte Henning nur am Anfang meistens benutzt, weil die eben auch viele Liter – gut 1000 Liter fassen. Die kommen für 415 oder 425 € online inklusive Anlieferung. Dazwischen bewegt sich das: sagen wir mal 100 € IBC-Container, bei Selbstabholung noch Benzin. Bei einer Lieferung ist man dann meist leider mit 100 € mehr dabei. Bei den 1000er Wandtanks, die sind eckig und nicht ganz so schön, wie die Röhren, liegt man dann so bei 425 €. Da fehlt noch was: der Regensammler. Dieses einfache Ding, was da als Fallrohr eingelassen wird. Das kostet so zwischen 80 und 90 €. Das gibt es beim Dachdeckerbedarf. Da kann man das im besten Fall selbst bestellen oder man lässt es durch den Dachdecker kaufen. Der hat ja meistens selber seine Leute, da kostet das ein bisschen weniger. Und dann fehlt ja noch die Installation. Das sollte man nicht selbst machen, wenn man es am Bürgersteig installieren will. Sowieso empfehlen wir nicht es selbst zu machen, auch wenn es theoretisch geht. Wir haben es tatsächlich in Potsdam, an der „Fabrik Potsdam“ – das ist ein Tanzhaus auf einem Kulturareal – selbst gemacht mit der Genehmigung des Quartiersmanagements und der Fabrik sowie den technischen Direktoren. Aber normalerweise macht es der Dachdecker. Und das kostet dann so 350 bis 400 € mit Baustelleneinrichtung. Also hinfahren, Untergrund sichern – dass die Tonne geradesteht – Regensammler mitbringen – der ist dann schon im Preis inkludiert – Tonne anschließen und Tonne in der Fassade verankern mit einem Stahllochband.
Das heißt, man ist dann im schlimmsten Fall mit 425 € für den Wandtank und nochmal 400 € für den Dachdecker bei 825 € Maximum pro Tonne.

M: Für eine Hausgemeinschaft oder eine*n Hausbesitzer*in auch keine Summe.

K: Nee. Ich hatte schon Eigentümergemeinschaften in der Herrmannstraße Neukölln, die haben ein Jahreszusatzbudget von 1700 €. Da ist das dann schon eine Position, aber das kann man sich einmal im Jahr überlegen, dann hat man die ja eh.

Die utopische Frage

M: Und wann wird Berlin damit gepflastert sein und diese Tonnen von Amtswegen her stehen?

K: Von Amtswegen? Oh, das ist nochmal ein längerer Weg. Erstmal haben wir die amtliche Erlaubnis.

M: Das ist das Wichtigste.

K: Das war jetzt ein richtiger Meilenstein, weil es ja am Anfang noch diesen Streitpunkt gab, Baurecht oder Sondernutzungsrecht. Durch diese kleine Guerilla-Aktion der Wilmersdorfer Bezirksamtsleitung wurde diese Sache ja intern zur Diskussion gestellt. Raus kam, es bleibt Sondernutzungsgenehmigungsrecht mit eben einmal 60 €, wie ich erzählt habe, aber ohne diese tägliche Nutzungsgebühr für z.B. Gastronomen. Die Finanzierung war nämlich noch die Frage, die fehlt noch. Da stellt sich die Frage, wo nimmt jetzt z.B. als Mieter-gemeinschaft dieses Geld her.

Unterstützung: der Dachdecker

M: Angenommen, sie haben das Geld nicht?

K: Genau! Eine Mietergemeinschaft, die eben einfach Mieter*innen sind, möchte in einem, irgendjemandem gehörenden Mietshaus, eine Regentonne haben. Dann kann man Ehrenamtsmittel bei der Stadt beantragen. Das ist eine Sache, die dem Gemeinwohl nützlich ist. Dafür kann man Sachkosten beantragen. Was bisher leider noch nicht geht, sind Personalkosten. Das heißt, da fehlt immer der Dachdecker. Aber das geht, denn man kann zumindest schon mal Sachkosten in dem Fall dann am besten getrennt – Regensammler, Regentonne – kaufen. Die Finanzierung für den Dachdecker muss dann woanders herkommen.
Da haben wir im Moment die Konstruktion, dass wir Fördergelder einsammeln, um diese Lücke zu schließen. Um Initiativen, die Ehrenamts-mittel bekommen haben – wo dann diese Personalkosten fehlen – die Personalkosten zu stellen. Am Anfang war es die Förderung durch die Stiftung der Deutschen Wirtschaft. Jetzt ist es die Ecosia-Förderung. Diese Firma hat uns jetzt für 2023/24 für Berlin gesponsert und wir haben beschlossen, dass wir die Förderung auch für Dachdeckerkosten nutzen. 2025 müssen wir noch sehen. Wir arbeiten gerade daran, einen neuen Antrag zu stellen mit einem Verein zusammen. Im besten Fall schaffen wir hier noch mehrere Meilensteine und klären vielleicht noch mal diese Personalkosten, dass die nicht extra eingeworben werden müssen.

M: Das sind alles tolle Nachrichten.

Stadtentwicklung braucht Zeit

K: Ja, das sind alles Sachen – das dauert halt alles. Man muss ein bisschen Geduld haben. Das ist das Wichtigste bei der ganzen Sache. Prozesse der Stadtentwicklung dauern, viele Menschen sind beteiligt, es gibt viele Dinge, die man in Städten tun möchte und muss.

M: Wie sieht‘s aus, wollen wir noch ein Foto machen? Du, das Schild und eine Gießkanne voll.

K: Ja, warum nicht?! Ich hatte das Gefühl, du hattest noch irgendeine Frage, die ich nicht beantwortet habe.

M: Wann ist Berlin damit gepflastert und eine erste Antwort war: Mühlen mahlen langsam, das dauert wohl noch. Das Wichtigste war, dass erst einmal die Genehmigungen vorliegen für das Aufstellen im öffentlichen Raum.

Die Tür ist jetzt auf

K: Das war das eine. Für alle, die das Regenwasser nutzen wollen, ist die Tür jetzt auf. Das Nächste ist: im Moment sind Regentonnen über. Dadurch, dass das aus Feinmitteln oder aus Bürgermitteln finanziert werden kann, gehören die Regentonnen der Stadt. Das heißt, bei wirklichen Haftungsfragen, geht man dann wieder an die Stadt ran. Wenn irgendjemand Wut im Bauch hat – man muss dann schon eine Axt in die Hand nehmen, damit das Ding dann wirklich kaputtgeht – und die irgendwie kaputt gemacht hat, dann würde man eben an die Stadt rantreten können, an eine bestimmte Stelle und fragen: Was machen wir denn jetzt? Denn, die Tonnen gehören ja der Stadt durch die Förderung aus den Feinmitteln. Schöner wäre es aber – das ist unsere Vision – und jetzt kommt‘s: alle 150 m, habe ich ja schon gesagt. Und die Eigentumsfrage? Das Beste wäre, Regenwasser wird genauso als Ressource wie Papier, Plastik, Biomüll behandelt. Wie könnte eine Möglichkeit entstehen, einen Workflow zu erarbeiten für die Berliner Wasserbetriebe oder allgemein städtische Wasserbetriebe und den jeweiligen städtischen Müllentsorger, bei uns die BSR? Die Idee ist, die Kunststofftonnen in der Stadt aufstellen, abholen, warten, wieder hinstellen, irgendwie sich kümmern. Gibt’s für alle möglichen Wertstoffe. Wie könnte da eine Möglichkeit entstehen, diesen Prozess durch eine Firma wie Wasserbetriebe und Müllabfuhr – vielleicht können beide zusammenarbeiten oder einer sagt, das nehmen wir jetzt unter unser Dach – anzuschubsen, anzudenken. Firmen, die eben solche Arbeitsprozesse designen. Das ist etwas, was wir jetzt als nächstes aufbauen.

M: Wow, Chapeau!

K: Let‘s try, sage ich mal. Mal gucken, wo wir landen.

M: Ja auf jeden Fall, immer weitermachen und strategisch denken. Cool. Danke!

K: Gerne!