Wildkräuter-Blog: Wildpflanzen sammeln, Gesetze, Tipps und die Vielfalt der Hasel

Auch wenn es noch relativ trostlos vor der Haustür aussieht – einige Heilpflanzen wachsen auch jetzt schon und können gesammelt werden. Dewegen möchte ich, bevor du gleich voller Tatendrang losstürmst, die wichtigsten Fakten rund um das Thema „Sammeln von Wildpflanzen“ mit dir teilen. Außerdem schauen wir uns die Hasel genauer an, die jetzt schon Insekten mit wichtiger Nahrung versorgt und weit mehr als „nur“ Haselnüsse zu bieten hat.

Gesetzliche Regelungen zum Sammeln von Wildpflanzen

Wenn es um das Sammeln von Pflanzen geht, gilt grundsätzlich immer

„Sammle nichts, was du nicht kennst, keine giftigen oder geschützten Pflanzen.“

Was leider die wenigstens wissen, die Regeln zum Sammeln sind sogar im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) verschriftlicht und zu finden unter:
§ 39 Allgemeiner Schutz wild lebender Tiere und Pflanzen; Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen
(1) Es ist verboten,

  1. wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten,
  2. wild lebende Pflanzen ohne vernünftigen Grund von ihrem Standort zu entnehmen oder zu nutzen oder ihre Bestände niederzuschlagen oder auf sonstige Weise zu verwüsten,
  3. Lebensstätten wild lebender Tiere und Pflanzen ohne vernünftigen Grund zu beeinträchtigen oder zu zerstören.

Innerhalb dieses Paragraphen, unter Absatz 3, gibt es jedoch eine wichtige Ausnahme:
„Jeder darf abweichend von Absatz 1 Nummer 2 wild lebende Blumen, Gräser, Farne, Moose, Flechten, Früchte, Pilze, Tee- und Heilkräuter sowie Zweige wild lebender Pflanzen aus der Natur an Stellen, die keinem Betretungsverbot unterliegen, in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf pfleglich entnehmen und sich aneignen.

“
Man spricht hier auch häufig von der Handstraußregel. Das heißt, du darfst soviel sammeln wie zwischen Daumen und Zeigefinger passen.



Ob eine Pflanze geschützt ist, kannst du u.a. auf www.wisia.de überprüfen.



Der richtige Zeitpunkt

Unabhängig davon, gibt es bestimmte Zeitpunkte, die sich zum Sammeln der verschiedenen Pflanzenteile anbieten um die höchste Wirkstoffkonzentration zu erhalten. Einfach zusammengefasst kann man sagen:

Blätter: vor der Blütenentwicklung
Blüte:
während der Blütezeit

Kraut:
mit der Blüte

Wurzel:
vor der Entwicklung des Blütenstängels


Darüber hinaus gilt: Sammle am besten vormittags bei trockenem Wetter und nicht an Regentagen.
Zu früh am Morgen könnten die Pflanzen noch mit Morgentau bedeckt sein und viele Blüten sind noch geschlossen. Eher ungeeignet sind deshalb auch die Abenstunden, weil die Luftfeuchtigkeit meist steigt und Blüten sich wieder schließen.

Sammeln in der Stadt

In der Stadt kommen noch weitere Herausforderungen hinzu. Hier solltest du auch ganz besonders auf den Standort der Pflanze achten und beispielsweise nicht entlang von Straßen sammeln oder an Wegesrändern, an denen Hunde ihr Geschäft verrichten. Außerdem gibt es Standorte wie ehemalige Industrieflächen, Flughäfen etc., an denen der Boden belastet sein könnte. Zum Beispiel die Fläche rund um das NIRGENDWO, wo noch immer Schwermetalle ein Problem sein könnten. Oder das Tempelhofer Feld, das aufgrund der Nutzung als Flughafen Kerosin und andere Altlasten im Boden enthalten kann. Das schränkt die Möglichkeiten in der Stadt bereits stark ein. Beliebt sind bei den urbanen Sammler:innen – so absurd es vielleicht zunächst klingt – Friedhöfe, die meist eine hohe Pflanzenvielfalt aufweisen. Du kannst natürlich auch einfach den Luxus der Großstadt nutzen und deine Kräuter auf einem Wochenmarkt kaufen. Oft gibt es kleine Höfe, die dort Wildkräuter anbieten. Leider habe ich diese Info auch nur von anderen Sammler:innen und selbst noch nicht explizit die Augen danach offen gehalten. Falls du hier also Empfehlungen, Adressen etc. hast, freue ich mich über über deine Nachricht an die . Gerne ergänze ich diese dann in diesem Beitrag.

Natürlich kannst du Heilpflanzen auch einfach auf deinem Balkon oder deiner Fensterbank im Topf selber anpflanzen. So mache ich das mittlerweile seit 3 Jahren. Viele der Pflanze sind besonders wertvoll für Wildbienen und andere Insekten. Somit kannst du gleichzeitig einen Beitrag für die Artenvielfalt leisten. Mein Saatgut bestelle ich überwiegend bei Dreschflegel (Nennung ohne Auftrag – persönliche Empfehlung). Dort gibt es eine gute und wechselnde Auswahl an Heilpflanzen.
Gut funktioniert haben bei mir bisher Spitzwegerich, Schafgarbe, Lavendel, Salbei, Echinacea, Baldrian, Ringelblume, Mariendistel und weitere typische Küchenkräuter wie Thymian, Basilikum, Rosmarin und Co. Mehr zum Thema Saatgut und eine Empfehlungsliste für ökologisches und biodynamisches Saatgut findest Du auch in unserem Blogbeitrag „Samenfestes, ökologisches Saatgut – Empfehlungen für Dein Balkon- und Gartenjahr“.

Fuchsbandwurm

Und dann gibt es da noch den Fuchsbandwurm. Tatsächlich tritt diese Erkrankung in unseren Breitengraden sehr selten auf, dafür kann sie aber schwerwiegende und lebensbedrohliche Folgen haben. Für Berlin hat der Fuchsbandwurm jedoch fast keine Bedeutung und wurde bisher laut Angaben des Senatsverwaltung Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt nur bei drei Füchsen nachgewiesen.
Wenn du auf Nummer sicher gehen willst, solltest du Pflanzenteile nur ab Kniehöhe sammeln und alles zu Hause gut abwaschen. Informiere dich außerdem über Risikogebiete und vermeide beim Sammeln in Wäldern erhöhte Orte wie Hügelkuppen, Felsen, Baumstümpfe oder Wegkreuzungen – dort verrichtet der Fuchs sehr gerne sein Geschäft.


Achtsamer Umgang mit der Natur

Beim Sammeln solltest Du aber vor allem immer bedenken, dass alles was du sammelst, der Natur nicht mehr zur Verfügung steht. Also Blüten mit wichtigem Pollen und Nektar für Insekten oder Früchte, die im Winter eine wichtige Nahrungsquelle für Vögel darstellen.

Überlege dir also vorher gut, was und wieviel du wirklich brauchst.
Ein achtsamer und respektvoller Umgang mit der Natur sollte immer im Vordergrund stehen.

Die Hasel

Und das ist auch der perfekte Übergang zur Hasel. Denn die blühenden Haselkätzchen, die sich bereits im Herbst bilden und im Winter als kleine „Fingerwürste“ vom Baum hängen, sind eine wichtige frühe Nahrungsquelle insbesondere für Wildbienen.

Von daher sollte man sich hier mit kleinen Mengen (maximal eine Hand voll) begnügen. Die männlichen Kätzchen sind wahre Energiebomben – reich an Mineralstoffen, Flavonoiden* und viel Protein. Ich selbst habe sie roh noch nicht probiert, was ich unbedingt nachholen muss. Die Aussagen zu deren Geschmack sind nämlich sehr unterschiedlich und reichen von nicht umwerfend bis frisch nussig.

Wenn du auf diese kulinarische Erkenntnis lieber verzichten möchtest, empfiehlt sich ein angenehm schmeckender und immunstärkender Tee. Dazu einfach einen Esslöffel frische Haselkätzchen mit heißem Wasser übergießen und ca. 10 Minuten zugedeckt ziehen lassen.

Die Haselsträucher in Berlin sind mittlerweile schon verblüht. Hier heißt es jetzt leider warten bis zum nächsten Jahr.
Du kannst dich aber bereits über die jungen und frischen Haselblätter freuen – die sich in Kürze zeigen werden. Auch sie sind essbar und können frisch wie Spinat verwendet werden oder in getrockneter Form – mit ihrem nussigen und grasig-frischen Geschmack – viele Teemischungen bereichern.

Die Haselnüsse können dann im Herbst gesammelt werden. Momentan ist von ihnen noch nichts zu sehen, außer die kleinen knospenförmigen weiblichen Blüten aus denen die roten Narben wie kleine Fäden herausstehen.

Wenn du an einer Pollen- oder Nussallergie leidest, solltest Du auf den Verzehr der verschiedenen Teile der Hasel jedoch verzichten.

Übrigens: Die Hasel ist eine Zeigerpflanze des Phänologischen Kalenders und läutet mit ihrer Blüte den Vorfrühling ein. Was es damit auf sich hat, erfährst du im nächsten Beitrag.

*Flavonoide sind gelblich orange wasserlösliche Pflanzenfarbstoffe (lat. flvus: blond, gelb), die zu den wichtigsten Wirkstoffen in der Pflanzenheilkunde gehören. Sie wirken entzündungshemmend, antioxidativ, entgiftend sowie zellschützend. Sie stärken das Immunsystem und können vor UV-Strahlung schützen.